Projekte-Terraristik

Citizen Conservation - Erhaltungszucht gegen Artenschwund

Der Zusammenbruch der Artenvielfalt, die Biodiversitätskrise, wird immer dramatischer. Tausende von Arten sind in ihrem Fortbestand bedroht, und das Artensterben der Amphibien wie auch Reptilien ist Teil der globalen Ambystoma dumerilii, © by A. KwetBiodiversitätskrise. Viele Arten werden kurz- und mittelfristig nur in menschlicher Obhut eine Überlebenschance haben. Zoos können die Aufgabe nicht alleine stemmen, ihre Kapazitäten als weltweite Arche der Biodiversität reichen nicht aus, um diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu lösen.
Viele Amphibien- und Reptilienarten verdanken schon heute ihre Existenz dem Engagement Einzelner. Das Knowhow und die Kenntnisse privater Züchter, aber auch die räumlichen Kapazitäten, um notwendige Backup-Populationen zu erhalten, werden bislang kaum genutzt, um koordinierte Erhaltungszuchtprogramm aufzubauen. Citizen Conservation, ein gemeinsames Projekt von Frogs and Friends, der DGHT und dem VdZ (Verband der Zoologischen Gärten), stellt die Menschen, die sich beruflich und privat um die gefährdeten Arten kümmern, in den Fokus seiner Kampagne. Haltung rettet Arten, der Aufbau von gesunden Populationen in Menschenobhut ist ein wesentliches Mittel im Kampf gegen den Exodus der Arten. Die Einbindung engagierter Privathalter in Citizen Conservation # Amphibians kann helfen, in Zukunft eine relevante Anzahl an Amphibienarten in der erforderlichen Populationsgröße zu erhalten. Tiergärtner, Wissenschaftler und Bürger vernetzen sich, um gemeinsam gegen das Artensterben anzutreten.

https://citizen-conservation.org/


 Steckbriefe zur Züchtbarkeit bedrohter Amphibien- und Reptilienarten I

Ein Problem beim Handel mit lebenden Reptilien sind Wildtiere, die mit falschen Herkunftsangaben als nachgezüchtete Tiere (z. B. als Farmzuchten) deklariert werden. Auf diese Weise wird das internationale CITES-Baumschleiche (Abronia mixteca) © by A. KwetAbkommen zum Handel bedrohter Arten (CITES: Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) teilweise unterlaufen. Für die Halter und Züchter von auf Anhang I oder II gesetzten Amphibien- und Reptilienarten bedeutet das eine erweiterte Dokumentationspflicht.
Angesichts der großen Artenzahl auf diesen Anhängen stehen die Beamten, die in Europa die entsprechenden Importanträge bearbeiten und auf Plausibilität prüfen müssen, vor einem Problem. Um sie zu unterstützen, hat das Bundesamt für Naturschutz (BfN) die DGHT beauftragt, Steckbriefe zu den einzelnen Arten zu erstellen, in denen bestimmte Daten, die meist aus dem Terrarianerwissen stammen, übersichtlich zusammengefasst werden. Für jede Art wird mit einem einfachen Ampelsystem gekennzeichnet, ob sie in Menschenobhut gut zu züchten ist, ob einzelne Nachzuchterfolge bekannt sind oder ob eine Deklaration als "Nachzucht" oder "Farmzucht" gänzlich unplausibel ist. Außerdem enthalten diese Steckbriefe Angaben zu den Herkunftsländern und weitere Angaben zur Lebensweise, sodass die Beamten schnell erkennen können, ob sie einen Antrag genehmigen können oder ob weitere Nachfragen beim Antragsteller erforderlich sind.

https://www.dght.de/cites-steckbriefe


Steckbriefe zur Züchtbarkeit bedrohter Amphibien- und Reptilienarten II

Ctenosaura alfredschmidti, © by Christian LangnerNach erfolgreichem Projektabschluss der CITES-Züchtbarkeitssteckbriefe I, dem oben beschriebenen Pilotprojekt der DGHT zur Einschätzung der Züchtbarkeit aller im Jahr 2016 bei der 17. CITES-Vertragsstaatenkonferenz (CITES Cop17) in Johannesburg in den Anhängen I und II neu oder höher gelisteten Reptilienarten, hat das BfN ein Folgeprojekt für den Zeitraum 2020/2021 beauftragt. Es hat zum Ziel, die Züchtbarkeit weiterer, bei der letzten CITES CoP18 (2019 in Genf) in den CITES-Anhängen I und II neu und/oder höher gelisteten Reptilien- und Amphibientaxa besser einzuschätzen zu können. Es handelt es sich um insgesamt 89 weitere Arten von Amphibien und Reptilien (43 Echsen/Schlangen, 41 Schwanzlurche, 5 Schildkröten), deren Züchtbarkeit durch gezielte Umfragen bei Privathaltern und Zoos sowie durch Literaturarbeit in Form von Steckbriefen erfasst und Behörden für Plausibilitätsprüfungen bereitgestellt werden.

https://www.dght.de/cites-steckbriefe


FOGS - Entwicklung neuer genetischer Analysewerkzeuge zur Herkunftszuordnung seltener und bedrohter Reptilien und Amphibien

Local Form „Süd-Mallorca“ of Testudo hermanni Foto: Beate PfauBei der Nachzucht von Tieren zur Arterhaltung ist es von großer Bedeutung, die Ex-situ-Population nach genetischen Kriterien zu managen, damit die Tierart stabil erhalten werden kann und ggfs. auch freilandtaugliche Nachzuchttiere für Auswilderungsaktionen bereitgestellt werden können. Bei Amphibien und Reptilien ist die Herkunft aus einer bestimmten Population und auch die Verwandtschaft der Tiere einer Zuchtgruppe wegen der Besonderheiten der Fortpflanzung nur mit sehr genauen genetischen Analysewerkzeugen feststellbar. Die bisher verfügbaren Marker, die für die entsprechenden Analysen bei Vögeln und Säugetieren eingesetzt wurden, waren dafür noch nicht ausreichend.

Die DGHT unterstützt daher das Projekt FOGS (Forensic Genetics for Species Protection), bei dem es um die sichere Herkunftszuordnung geschützter Tierarten geht. Dafür wurden auch einige europäische Amphibien- und Reptilienarten bzw. -lokalformen ausgewählt, die von DGHT-Mitgliedern gehalten und gezüchtet oder im Freiland erforscht werden. Die neuartigen STRSNP-Marker, die in FOGS für die genetischen Analysen entwickelt werden, sollen mit Hilfe der von den Haltern und Züchtern dieser Arten gesammelten Proben auf ihre Genauigkeit geprüft werden.

Eine der Arten, für die ein solcher Marker entwickelt wird, ist die Griechische Landschildkröte (Testudo hermanni), von der es einige Zuchtgruppen wirklich seltener und bereits stark bedrohter Lokalformen innerhalb Europas gibt und die auch immer wieder im Handel auftauchen. Mit Hilfe der Analysen sollen die Zusammenstellung der Zuchtgruppen geprüft und ggfs. Tiere aus dem Handel zu geeigneten Zuchtgruppen vermittelt werden, damit bei Wiederansiedlungen auch wirklich die genetisch passenden und fitten Jungtiere zur Verfügung stehen, wenn ursprüngliche Biotope wiederhergestellt (und geschützt) sind.

https://www.zfmk.de/de/forschung/projekte/fogs-forensic-genetics-for-species-protection#info


Projekte zur Nachzucht seltener Schildkrötenarten

DGHT-Mitglieder züchten seltene Schildkrötenarten und koordinieren sich untereinander, sodass stabile Ex-Situ-Populationen ("Backup-Populationen") entstehen und in Menschenobhut erhalten werden. Am bekanntesten ist das Annam-Bachschildkröte (Mauremys annamensis) © by B. PfauZuchtprojekt für asiatische Schildkröten, vor allem Scharnierschildkröten der Gattung Cuora, im Allwetterzoo Münster, wo mehrere Arten innerhalb des Internationalen Zentrums für Schildkrötenschutz nachgezüchtet werden. Manche dieser Arten sind in ihren natürlichen Lebensräumen vom Aussterben bedroht, eine Art ist sogar vermutlich schon in der freien Natur ausgestorben. Von den in Münster gehaltenen Arten gibt es weitere Zuchtgruppen bei privaten Züchtern, die nicht nur Erfahrungen, sondern bei Bedarf auch Zuchttiere untereinander und mit dem Zoo austauschen.
Eine weitere Art, für die bereits eine stabile Ex-Situ-Population aufgebaut wurde, ist die in ihrem Ursprungsland Vietnam inzwischen sehr seltene Annam-Bachschildkröte, Mauremys annamensis. Sie ist im Freiland kaum noch zu finden, hat sich bei engagierten Privathaltern aber als gut züchtbar erwiesen, sodass möglicherweise schon mehr Individuen in Europa als in Vietnam leben. Nachzuchttiere von Züchtern der DGHT wurden auch schon nach Vietnam zurückgebracht, um dort in geeigneten, streng geschützten Gebieten ausgewildert zu werden. Diese Art ist ein gutes Beispiel dafür, dass beim internationalen Artenschutz stets auch erfolgreiche Ex-Situ-Aktivitäten in den Blick genommen werden müssen.
Für andere Schildkrötengruppen, z. B. bestimmte Höckerschildkrötenarten oder für die kleinen madagassischen Landschildkröten, gibt es ebenfalls eine solche Zusammenarbeit von Züchtern, die meist innerhalb der DGHT oder ihrer AG Schildkröten koordiniert wird. Weitere Informationen finden sich in der DGHT-Zeitschrift "elaphe" und in der "Radiata" der AG Schildkröten.

https://schildkroeten.dght.de/wer-sind-wir.html


Infoblätter für Zollbeamte für die Beurteilung von Schildkröten-Transportsendungen

Immer wieder müssen Zollbeamte Sendungen von geschützten Schildkröten schnell beurteilen und dabei möglichst auch erkennen können, ob es sich um gut eingewöhnte Tiere bzw. Nachzuchten oder womöglich um frische Landschildkröten im Karton, © by B. PfauWildfänge handelt. Die DGHT hat sich daher an der Erarbeitung des "Manual for the differentiation of captive-produced and wild-caught turtles and tortoises (Testudines)" beteiligt und Erfahrungen ihrer Mitglieder gesammelt und eingebracht.
Dieser Leitfaden enthält Hinweise auf typische Verhaltensweisen von Schildkröten, die an den Menschen gewöhnt sind bzw. ihn fürchten, sowie auf typische Schönheitsfehler von Nachzuchttieren bzw. von Schildkröten, die in freier Wildbahn aufgewachsen sind. Insgesamt wurden acht solcher Kriterien für eine erste Inspektion von Schildkröten-Transportsendungen durch Zollbeamte herausgearbeitet und in verständlicher Sprache beschrieben. Mit diesem Leitfaden soll es einfacher werden, falsch deklarierte Schildkrötensendungen zu erkennen; zugleich sollen aber auch fachgerecht durchgeführte Transporte z. B. von Zuchttieren erleichtert und dadurch beschleunigt abgewickelt werden können. Der Leitfaden ist in englischer Sprache auf der CITES-Seite zu finden.

https://cites.org/sites/default/files/eng/prog/captive_breeding/SSFA_Species360_Insp_Manual_Final_red.pdf


Handelswege seltener Schildkröten aus Südostasien nach Europa

In den sozialen Medien tauchen immer wieder Meldungen auf, nach denen streng geschützte Schildkröten aus Südostasien geschmuggelt bzw. gehandelt werden. Wie die Daten der CITES-Handelsdatenbank zeigen, sind gerade Cuora cyclornata annamitica, © by A. Kwetbei den Schildkröten große Zahlen von Tieren als "Nachzuchten" ("captive bred") deklariert oder als "aus Schildkrötenfarmen stammend" ("farmed" oder "ranched"). Über den internationalen Schildkrötenhandel weiß man bisher wenig, und einige Publikationen, die vereinfacht davon ausgehen, dass alle diese Sendungen falsch deklariert seien, führen zu falschen Verdächtigungen der seriösen Halter und Züchter dieser Arten.
Aus diesem Grund hat die Organisation "Wildlife Reserves Singapore" eine von Species360 koordinierte Studie in Auftrag gegeben, die Daten sammelt zur Nachzucht und zum Handel von zehn ausgewählten Schildkrötenarten, die in großer Zahl aus Singapur, Indonesien und Malaysia exportiert werden. Mitglieder der DGHT mit eigenen Erfahrungen mit diesen Arten beteiligen sich an der Studie, denn nur solide ermittelte Daten entkräften einerseits pauschale Vorwürfe gegen die Halter und Züchter seltener Arten, analysieren andererseits aber auch Fehlentwicklungen im Handel und lassen Korrekturvorschläge entwickeln.


Entwicklung einer Methode zur Erkennung von Wildfängen und Nachzuchten von Landschildkröten mit Hilfe der Stabilisotopen-Analyse

Bisher wird die sogenannte Stabilisotopen-Analyse im Artenschutz z. B. zur Ermittlung der Herkunft von Elfenbein eingesetzt. Mit Hilfe dieser Methode kann für bestimmte Arten und Herkunftsgebiete ermittelt werden, wo ein Junge Köhlerschildkröte (Chelonoidis carbonarius) © by A. KwetElefant gelebt haben muss, dessen Stoßzahn untersucht wird, denn in den Pflanzen eines bestimmten Gebiets sammeln sich die stabilen Isotope von Stickstoff und Kohlenstoff in einer bestimmten Zusammensetzung an. Dieses charakteristische Isotopenmuster geht in die Gewebe von Tieren über, die diese Pflanzen gefressen haben.
Für Landschildkröten ist es ebenfalls wichtig zu wissen, wo diese Tiere gelebt und gefressen haben, aber bisher ist die Methode für diese Tiergruppe noch nicht "serienreif". Deshalb möchte der WWF Deutschland zusammen mit der DGHT und dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) die Methode so weit verfeinern, dass man z. B. durch Untersuchung von etwas Hornmaterial des Schildkrötenpanzers feststellen kann, ob das Tier tatsächlich schon lange bei einem deutschen Halter gelebt hat oder ob es sich vielleicht doch um ein frisches Urlaubsmitbringsel handelt. Damit werden vor allem Züchter seltener Lokalformen unterstützt, die leicht unter den Verdacht geraten, die Papiere von anderen Schildkröten manipuliert oder wiederverwendet zu haben. In solchen Fällen könnte die Stabilisotopen-Analyse eine fälschungssichere Methode sein, um einen Verdacht zu bestätigen oder eben auszuräumen.


Aufbau einer Zuchtstation für die Mexikanische Wasserdosenschildkröte

Die Mexikanische Wasserdosenschildkröte (Terrapene coahuila) lebt in einem kleinen Gebiet artesischer Brunnen in der Wüste des mexikanischen Bundesstaats Coahuila. Ihr Lebensraum schrumpft immer mehr zusammen, denn das Mexikanische Wasserdosenschildkröte (Terrapene coahuila) © by B. PfauWasser wird für die Milchviehwirtschaft abgepumpt; der Einsatz von Pestiziden und der zunehmende Siedlungsbau tun ein Übriges. Inzwischen hat Mexiko erkannt, dass dieser einzigartige Lebensraum besser geschützt werden muss, und damit begonnen, einige Gewässer zu renaturieren. Die vorhandene Schildkrötenpopulation ist allerdings so stark dezimiert, dass es sinnvoll erscheint, dort ein Zuchtzentrum aufzubauen, und die Nachzuchten zur Populationsstützung auszuwildern.
Die Spezialistengruppe für Land- und Süßwasserschildkröten der IUCN (International Union for Conservation of Nature) hat die Koordination des Aufbaus übernommen. Die Idee ist, keine wilden Schildkröten als Zuchttiere mehr einzufangen, sondern stattdessen mit Nachzuchten aus den USA und Europa weiter zu züchten, denn diese Art vermehrt sich in Menschenobhut inzwischen gut. Die DGHT beteiligt sich daran, indem sie das Zentrum mit Rat (den Erfahrungen der hiesigen Züchter und Tierärzte mit dieser Art) und Tat (Koordination der Übergabe von europäischen Nachzuchttieren) unterstützt. Dieses Projekt verdeutlicht ein weiteres Mal die Bedeutung des Engagements privater Terrarianer für den internationalen Artenschutz. Weitere Informationen zur Mexikanischen Wasserdosenschildkröte finden Sie vor allem in der "Radiata", der Zeitschrift der AG Schildkröten in der DGH.

https://schildkroeten.dght.de/radiata.html